Samstag, 24. Januar 2015

Heute ich... morgen Du!

Oggi a me… domani a te! (Italien, 1968)

Fünf Jahre hat Bill Kiowa unschuldig eingesessen. Nun ist der Tag seiner Entlassung gekommen und damit auch der Tag der Rache. Mit O’Bannion, Jeff Milton, Bunny Fox und Francis Moran heuert er die vier berüchtigtsten Revolverhelden der Gegend an, um Elfego, den Verantwortlichen für sein fünfjähriges Martyrium, zur Rechenschaft zu ziehen. Als sie den Banditen und seine Comancheros schließlich aufspüren, geraten Kiowa und O’Bannion in deren Gewalt. Die beiden werden auf das Brutalste gefoltert, aber gerade noch am Leben gelassen, denn Elfego hat perfide Pläne, die Kiowa ein weiteres Mal für seine Schandtaten ins Gefängnis wandern lassen sollen.
Heute ich… morgen Du! war der erste Film und einzige Ausflug ins Genre für Regisseur Tonino Cervi. Leider, ist man geneigt zu sagen, denn der Mailänder liefert hier einen durch und durch spannenden und stellenweise recht innovativen Italowestern ab. Für Dario Argento, der im selben Jahr am Script zu Spiel mir das Lied vom Tod schrieb, war es ebenfalls der erste Western. Sein Drehbuch wagt den Kniff, den Schurken erst nach einer guten halben Stunde und die Hintergründe der Rachegeschichte sogar erst nach fast einer Stunde zu präsentieren. Langeweile lassen seine Geschichte und Cervis Inszenierung dabei jedoch zu keiner Zeit aufkommen. Dank der exzellenten Besetzung erweist sich die überlange Exposition, während der Bill Kiowa seine schlagkräftige Truppe zusammenstellt, als wahre Schau. Gleich als ersten rekrutiert er O’Bannion, gespielt von Bud Spencer, der hier noch weit entfernt von seinem späteren Western-Image völlig humorlos auftritt, aber immerhin erstmals seinen berühmten Dampfhammer auspackt. Danach heuert Kiowa Sheriff Jeff Milton an, der seinen Stern kurzerhand einem im Knast hockenden Galgenvogel anheftet und diesen zum Hilfssheriff vereidigt. Übernommen wird der Part des wenig vorbildlichen Gesetzeshüters von Wayde Preston, für den dies der erste einer ganzen Reihe von Italowestern war. Der dritte im Bunde heißt Bunny Fox, verkörpert von Franco Borelli. Komplettiert wird das Quartett von William Berger, dessen Falschspieler Francis Moran dem Film trotz relativ geringer Screentime einigen zusätzlichen Glanz verleiht. Kiowa selbst wird von Brett Halsey gespielt, für den es die zweite von fünf Genre-Rollen war. Der Amerikaner liefert eine erstklassige Performance als eiskalter Rächer ab und erinnert in seinen schwarzen Klamotten mehr an den originalen Django, als die allermeisten Figuren, die dieses Prädikat nachträglich von den internationalen Vertrieben verliehen bekamen. Möglicherweise bewahrte nur das fehlende Einzelgänger-Image der Hauptfigur Heute ich… morgen Du! vor einer entsprechenden Titelvergewaltigung. Ebenfalls verschont geblieben ist der Film von einer Spaß-Synchro, die schon so manchen beinharten Italowestern nachträglich enteiert hat.
Stattdessen geraten die Dialoge eher humorlos und überhaupt lässt Cervi vor allem die Waffen sprechen. Zu denen gehört neben einer abgeschnittenen Winchester, mittels derer eindrucksvoll veranschaulicht wird, wie trügerisch die Annahme ist, Saloon-Tische eigneten sich als Deckung, ausnahmsweise auch ein Schwert. Mit diesem schlitzt sich der großartige Tatsuya Nakadai als hundsgemeiner James Elfego durch seine Widersacher. Sein Mitwirken ist ein schöner Brückenschlag zu den Ursprüngen des Italowesterns, spielte er doch bereits in Akira Kurosawas Yojimbo – Der Leibwächter, der Vorlage für Sergio Leones Genre-Urknall Für eine Handvoll Dollar.
Auch wenn Heute ich… morgen Du! nicht an dessen Klasse heranreicht, reiht er sich mit respektvollem, keineswegs großem Abstand hinter diesem und anderen Meilensteinen des Genres ein. Dazu trägt neben Angelo Francesco Lavagninos spannungsgeladener Musik vor allem auch die ausgezeichnete Kameraarbeit bei. Sergio D’Offizi setzt die nicht immer ganz dankbaren Kulissen derart gekonnt in Szene, dass selbst ein unspektakulärer Mischwald einen eindrucksvollen Hintergrund für die Guerilla-artigen Tötungsmethoden von Kiowas Killertrupp abliefert. Als ähnlich wirkungsvoll erweist sich die völlig genreuntypische Schwarz-Weiß-Rückblende, die stilistisch irgendwo zwischen Stummfilm und Disney-Cartoon angesiedelt ist und die Hintergründe von Bills Rachedurst offenlegt. Nicht zuletzt schafft der exzellente Cast denkwürdige Momente – wie etwa Tatsuya Nakadais an Nosferatu erinnernden Todeskampf – und lässt den Film aus der Masse an Italowestern herausstechen. 




>>Du kannst faulenzen in deiner Zelle und ich muss mich in den Bergen abschinden.<<
                                                                                    Elfego – Alles eine Frage der Perspektive


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