Samstag, 10. Januar 2015

Ohne Dollar keinen Sarg

El precio de un hombre (Italien/Spanien, 1966)

Der Name Luke Chilson treibt allen Desperados nördlich des Rio Grande den Angstschweiß auf die Stirn. Für den Kopfgeldjäger, der dafür berüchtigt ist, sich keine Prämie entgehen zu lassen, sind die 3000 Dollar ein gefundenes Fressen, die auf die Ergreifung von José Gómez ausgesetzt sind. Und so nistet er sich in dem abgelegenen Wüstenkaff New Charcos ein, fest überzeugt davon, dass der Mexikaner früher oder später erscheinen wird, um seine Freundin Eden zu sehen. Die wenigen Bewohner beäugen Chilson derweil mit einiger Feindseligkeit. Sie kennen José noch als lieben, kleinen Jungen und stehen auf seiner Seite, während der Kopfgeldjäger, der nach dem Judaslohn trachtet, für sie der wahre Schurke ist. Und so hat Chilson keine Chance, als der Gesuchte schließlich auftaucht. Zwar kann er Gomez zunächst in seine Gewalt bringen, doch verlassen wird er New Charcos mit seinem Fang nicht. Stattdessen findet er sich gefesselt und in der Gewalt des Banditen und seiner Männer wieder. Als diese ihr wahres Gesicht zeigen und auch die Dörfler erkennen, wem sie ihr Vertrauen geschenkt haben, ist es schließlich zu spät. Gómez Leute morden und plündern, doch Eden kann Chilson immerhin zur Flucht verhelfen. Seine Rückkehr lässt jedoch nicht lange auf sich warten und gerät zum blutigen Rachfeldzug, bis es zum letzten Duell zwischen dem Kopfgeldjäger und seiner Beute kommt.
Ohne Dollar keinen Sarg war 1966 nicht nur ein erstklassiger Italowestern, sondern auch der Startschuss zu einer nicht minder beeindruckenden Westernkarriere. Tomás Milián drehte im selben Jahr zwar auch Sergio Sollimas Der Gehetzte der Sierra Madre, doch der Part des José Gómez war für ihn die erste Rolle in dem Genre, zu dessen besten und wichtigsten Darstellern er heute gezählt werden muss. Auch wenn seine Leistung hier womöglich noch nicht ganz an das Niveau späterer Filme heranreicht, ist vom ersten Augenblick an spürbar, welch eine Präsenz und Ausdrucksstärke Milián an den Tag legt. Den eigentlichen Hauptdarsteller Richard Wyler jedenfalls spielt er mit Leichtigkeit an die Wand. Dem Film kann das nur guttun, verlagert sich dank des markant-charismatischen Schurken nicht nur bei den Dörflern, sondern auch beim Publikum die Gunst zwischen Gut und Böse. Regisseur Eugenio Martín spielt dabei geschickt mit Miliáns Ausstrahlung und bietet ihn durch seine Inszenierung zunächst gar als Identifikationsfigur an, nur um sein Wesen im späteren Verlauf umso abscheulicher wirken zu lassen. Da lässt er Gómez in unsäglicher Arroganz über die Meute gebieten, die ihre Unterstützer gnadenlos malträtiert und ausplündert. Die letzten Sympathien indes hat er zu diesem Zeitpunkt längst verspielt. Wie nur wenige Produktionen vor ihm zelebriert Ohne Dollar keinen Sarg die genretypische Gewalt streckenweise bis zur Ekstase. Chilsons Martyrium wird genussvoll in die Länge gezogen und die finale Sterbeszene gehört bis heute zu den denkwürdigsten und intensivsten, die das Genre je hervorgebracht hat.
Kameramann Enzo Barboni, der später neben Filmen wie Django –Die Nacht der langen Messer vor allem durch die Klamauk-Western mit Bud Spencer und Terence Hill bekannt wurde, fängt in dieser frühen Phase des Italowesterns nicht nur die Gewalt, sondern auch die prachtvollen Landschaften rund um das andalusische Tabernas in eindrucksvollen Bildern ein, stets untermalt von Stelvio Ciprianis eindringlichem Score.


Alternatives aus der Titelschmiede: ...der keine Gnade kennt, The Bounty Killer, Der Kopfgeldjäger, Särge ohne Leichen, The Price of a man, The ugly ones
Locations: Las Salinillas