Montag, 19. Januar 2015

Blutiges Blei

Il prezzo del potere (Italien/Spanien, 1969)

Der Amerikanische Bürgerkrieg ist beendet, doch der Konflikt zwischen Norden und Süden schwelt weiter. Besonders in Texas gibt es konspirative Strömungen, die weiter am Sezessionsgedanken festhalten und den liberalen Kurs der Regierung inbrünstig ablehnen. Präsident Garfield will die Wogen persönlich glätten und macht sich auf den Weg nach Dallas, doch schon während der Anreise entgeht er nur knapp einem Attentat. Bill Willer, dessen Vater den Verschwörern ins Gehege gekommen war und dafür mit dem Leben bezahlen musste, kann den Anschlag in letzter Sekunde verhindern. Schließlich in der Stadt angekommen schwebt Garfield noch immer höchster Gefahr, denn nicht nur Personen aus der reichen Oberschicht, auch der Sheriff und sogar der Vizepräsident gehören zu den Verrätern.
Zwei Jahre nach der gemeinsamen Zusammenarbeit für Der Tod ritt dienstags griff Tonino Valerii zum zweiten Mal auf Giuliano Gemma als Hauptdarsteller zurück und füllte mit einem verstrickten Polit-Thriller den Rahmen eines Italowesterns. Hierfür verwob er historische Realität und Genre-Fiktion miteinander. In seinem Präsidenten vereinen sich Attribute des 20. US-Präsident James Abraham Garfield, der tatsächlich den Folgen eines Attentats erlag, allerdings erst knapp zwei Jahrzehnte nach dem Sezessionskrieg an die Macht gelangte, und John F. Kennedy, der wie Garfield im Film als liberaler Politiker in einem offenen Wagen in Dallas erschossen wurde. Valerii greift ebenfalls Motive der damals noch recht aktuellen Verschwörungstheorien auf, die sich um Kennedys Ermordung rankten, wie etwa die Theorie vom zweiten Schützen.
Für einen Spaghetti-Western mutet sich Blutiges Blei mit einem zunächst undurchsichtigen Mordkomplott und subtilen Kommentaren zu den Themen Pressefreiheit und Rassismus eine durchaus komplexe Handlung zu, die vor allem in der zweiten Hälfte auch einige Längen verursacht. Formell bleibt Valerii dem Genre jedoch absolut treu und erfüllt mit bekannten spanischen Kulissen wie dem Flagstone-Set, welches für Spiel mir das Lied vom Tod errichtet worden war, einem wie immer äußerst agilen Giuliano Gemma, dem spannungsreichen Score von Django-Komponist Luis Bacalov und optischen Standards wie Reißzooms alle Erwartungen. Unverkennbar ist dabei der Einfluss Sergio Leones, dem er bei den Dollar-Filmen assistierte. Valerii bringt aber auch eigene Ideen ein, wie das erinnerungswürdige Duell im Dunkeln, bei dem sich die Kontrahenten lediglich an der Zigarrenglut des anderen orientieren. Dank solcher Szenen gerät Blutiges Blei nicht nur zu einem außergewöhnlichen Western, der seine politisch motivierte Geschichte einmal nicht vor den Hintergrund der mexikanischen Revolution stellt, sondern darüber hinaus auch zu einem besonders starken Genrevertreter.

Alternatives aus der Titelschmiede: La muerte de un presidente
Locations: Tabernas, Western Leone, La Calahorra
Location-Vergleich: Für eine Handvoll Drehorte