Dienstag, 6. Januar 2015

An den Galgen, Bastardo!

¿Quién grita venganza? (Italien/Spanien, 1968)

Die beiden Kopfgeldjäger Fred und Johnny landen, angelockt von der 15.000-Dollar-Belohnung, die auf die Mörder der Clayton-Familie ausgesetzt ist, in dem kleinen Western-Nest Blackstone. Eine List des gerissenen Duos durchschaut der zwielichtige Sheriff Bob Watson jedoch sofort und nutzt die Gunst der Stunde, die Neuankömmlinge erst einmal in einer seiner Zellen unterzubringen. Noch ahnen Fred und Johnny nicht, dass Watson auf der Gehaltsliste von Steve Rogers steht. Dieser kauft aus irgendeinem Grund sämtliche Farmen in der Umgebung auf – und verleiht seinen Angeboten notfalls mit brutalster Gewalt Nachdruck, weshalb er und der Sheriff wenig für vorwitzige Fremde übrig haben. In der Hoffnung, die beiden schnell wieder los zu werden, setzen sie die Ganoven auf freien Fuß. Doch bevor die Freunde weiterreiten, verliebt sich Johnny in die hübsche Elisabeth. Deren Vater gehört eine Farm in der Gegend, auf die es Rogers abgesehen hat. Nachdem seine Männer dort ein Blutbad anrichten, ist Rogers Schicksal besiegelt, denn nun geht es den beiden Kopfgeldjägern nicht mehr um ihre Belohnung, sondern einzig um gnadenlose Rache.
Ein Jahr nach Mario Caianos Der letzte Zug nach Durango führte Rafael Romero Marchent einmal mehr Anthony Steffen und Mark Damon zusammen. An den Galgen, Bastardo! zeigt beide in absoluter Topform. Vor allem Steffen, der im Laufe seiner Karriere dutzende Spaghetti-Western mit steinerner Miene absolviert hat, nutzt hier die seltene Gelegenheit, sein Image um die eine oder andere Facette zu erweitern. Die deutsche Fassung, die sich ohnehin durch wahllos erscheinende Handlungsschnitte hart an der Grenze des Erträglichen befindet, lässt Steffens Charakter allerdings etwas ausufern und trübt die Atmosphäre des Films. Die Comedy-Synchro verträgt sich nicht so recht mit der grundsätzlich sehr brutalen Handlung, während der mehrere Familien kaltblütig hingerichtet werden. Abgesehen von diesen gelegentlich deplatziert wirkenden Gags stellt An den Galgen, Bastardo! aber einen völlig zu Unrecht eher unbekannten Genrebeitrag dar, der neben seinen Stars mit charmanten Locations und erstklassigen Nebendarstellern wie Piero Lulli als Sheriff alles bietet, was einen ordentlichen Italowestern ausmacht.
Die Rahmenhandlung, in der Steve Rogers Ehefrau Johnny für ihren verlorenen Sohn hält, der Rache für das Mordkomplott an ihrem ersten Mann nehmen will, läuft zwar ein wenig ins Leere, aber der Haupthandlungsstrang sorgt dafür in kurzen Abständen immer wieder für reichlich Action. Dabei sammeln sich schließlich derart viele Leichen an, dass Rogers die Pistoleros knapp werden und er als Nachschub eine weitere Bande von Desperados anheuern muss, um die Läufe von Fred und Johnny am Feuern zu halten. Nachdem auch diese in einem mehr schlecht als recht bei Leone abgekupferten Duell Staub fressen müssen, wird zunächst Bob Watson und schließlich Rogers selbst der Prozess gemacht. Fred, mittlerweile von den anständigen Bürgern Blackwaters zum Sheriff ernannt, trauert noch kurz dem Haufen Kopfgeld hinterher, der ihm durch sein neues Amt durch die Lappen geht, dann zieht er in bester Buddy-Movie-Manier mit Johnny weiter.
Eine bemerkenswerte Randnotiz ist, dass die geheimnisvollen Ziele, die Rogers mit seiner rüden Landnahme verfolgt, mit der nahenden Eisenbahnlinie in Zusammenhang stehen, die den Wert der Grundstücke in naher Zukunft in die Höhe schießen lassen wird. Seine Pläne gleichen also exakt denen von Jack und Morton in dem im selben Jahr entstandenen Spiel mir das Lied vom Tod.

Alternatives aus der Titelschmiede: I morti non si contano, Cry for revenge